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Mit „Wirtschaft mit Werten“ legt Markus Scholz, Professor für Management und Unternehmensethik an der Technischen Universität Dresden, ein hochaktuelles und intellektuell anspruchsvolles Sachbuch vor, das sich mit einer der drängendsten Fragen unserer Zeit auseinandersetzt: Welche Verantwortung tragen Unternehmen in einer zunehmend polarisierten Welt für den Erhalt und die Verteidigung der liberalen Demokratie? Und kann Wirtschaften unter den Bedingungen des globalen Kapitalismus überhaupt ethisch sein?


Scholz nähert sich diesen Fragen mit einer beeindruckenden Mischung aus theoretischer Schärfe und praktischer Bodenhaftung. Zahlreiche Fallbeispiele aus Deutschland und der Welt – von großen Konzernen bis hin zu mittelständischen Betrieben – illustrieren, wie Unternehmen versuchen (oder scheitern), Werte wie Freiheit, Gerechtigkeit und Verantwortung in ihr Handeln zu integrieren. Dabei wird schnell deutlich: Was lange Zeit als moralischer Fortschritt galt, ist heute selbst umkämpft.


In den vergangenen zwei Jahrzehnten schien sich ein neues Paradigma abzuzeichnen: Unternehmen engagierten sich für ökologische Nachhaltigkeit, Diversität und soziale Gerechtigkeit. Corporate Social Responsibility wurde zur Selbstverständlichkeit – oder zumindest zum festen Bestandteil des Marketings. Scholz zeigt präzise, wie dieses Engagement oft zwischen ehrlichem Idealismus und strategischer Imagepflege schwankt. Wenn Bierbrauereien den Regenwald retten, Tech-Konzerne Menschenrechte „schützen“ oder Banken mit Regenbogenflaggen werben, ist das einerseits Ausdruck gesellschaftlicher Sensibilität, andererseits auch ein Spiegel neoliberaler Widersprüche.


Doch der Autor belässt es nicht bei der Kritik an „Greenwashing“ oder „Purpose-Washing“. Vielmehr erkennt er in der jüngsten Gegenbewegung – dem Rückzug vieler Unternehmen aus gesellschaftspolitischen Debatten – eine gefährliche Tendenz. Angesichts wachsender autoritärer Strömungen, nationalistischer Ideologien und populistischer Angriffe auf die offene Gesellschaft, argumentiert Scholz leidenschaftlich, dass die Wirtschaft sich nicht neutral verhalten kann. Unternehmen seien keine unpolitischen Akteure; sie seien Teil des gesellschaftlichen Gefüges und tragen daher Verantwortung für dessen Stabilität.


Besonders eindrucksvoll ist Scholz’ Analyse des gegenwärtigen Stimmungswandels: Während noch vor wenigen Jahren Unternehmen stolz mit Nachhaltigkeitsberichten und Diversity-Kampagnen warben, ziehen sich viele nun zurück. Das Klima des Misstrauens, der politischen Polarisierung und der ökonomischen Unsicherheit führt zu einer Renaissance des alten Dogmas: Hauptsache Profit. Scholz warnt eindringlich davor, dass dieser Rückzug ins vermeintlich Unpolitische letztlich eine gefährliche Selbsttäuschung sei. Denn wer Werte nur dann verteidigt, wenn es bequem ist, untergräbt die moralische Grundlage des eigenen Handelns.


Der Stil des Buches ist klar, reflektiert und streckenweise kämpferisch. Scholz schreibt nicht aus der Distanz eines neutralen Beobachters, sondern mit der Überzeugung eines Ethikers, der um die Zukunft unserer freiheitlichen Ordnung bangt. Seine zentrale These ist ebenso einfach wie provokant: Unternehmen müssen sich ihrer Verantwortung zur Verteidigung der offenen Gesellschaft endlich stellen – sonst stehen uns dunkle Zeiten bevor. Diese Forderung mag unbequem sein, doch sie trifft den Nerv der Zeit.


„Wirtschaft mit Werten“ ist kein reines Fachbuch für Manager oder Ethiker, sondern ein Plädoyer für moralische Klarheit in einer verwirrten Welt. Es fordert Leserinnen und Leser heraus, die Beziehung zwischen Ökonomie und Ethik neu zu denken – jenseits von PR-Formeln und kurzfristigen Gewinninteressen.


Fazit: 

Markus Scholz hat ein Werk geschrieben, das weit über die Grenzen klassischer Unternehmensethik hinausgeht. Es ist ein Weckruf für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zugleich – präzise analysiert, moralisch fundiert und hochaktuell. Wer verstehen will, warum wirtschaftliches Handeln ohne Werte auf Dauer nicht nur unmoralisch, sondern auch gefährlich ist, sollte dieses Buch unbedingt lesen.