Nextgengamersnet
Games, Movies and more
 
 
 

Die letzten Tage des Georg W.

DVD-Review: Die letzten Tage des Georg W. (DDR TV-Archiv / One Gate Media)
Regie: Jurij Kramer | Mit: Jürgen Reuter, Rolf Hoppe | Produktion: DDR Fernsehen & Kubanisches Fernsehen

Die letzten Tage des Georg W. ist ein eindrucksvolles historisches Fernsehspiel, das sich dem wenig bekannten, aber ideengeschichtlich bedeutenden Leben des deutschen Schriftstellers und Revolutionärs Georg Weerth widmet. Unter der Regie von Jurij Kramer entstand ein Film, der sich tiefgründig mit den letzten Lebensjahren Weerths auseinandersetzt – einer Figur, die als Weggefährte von Marx und Engels gilt und als früher Vertreter proletarischer Literatur betrachtet wird. Die Produktion, ursprünglich vom DDR-Fernsehen in Zusammenarbeit mit dem kubanischen Fernsehen realisiert, liegt nun erstmals auf DVD vor – ein bedeutender Beitrag zur filmischen Aufarbeitung deutsch-kubanischer Kulturbeziehungen und revolutionärer Geschichte.

Der Film setzt nach dem Scheitern der bürgerlichen Revolution von 1848/49 ein, als Weerth desillusioniert Europa verlässt und nach Kuba reist. Der Rückzug aus der literarischen Öffentlichkeit wirkt wie eine Flucht – vor allem vor der Enttäuschung über eine Welt, die für seine Ideale nicht bereit war. Auf Kuba trifft er auf eine völlig andere Realität: tropisch, sinnlich, aber auch gezeichnet von kolonialem Elend, Sklaverei und Ausbeutung. Diese Kontraste fängt der Film mit bemerkenswerter Intensität ein – sowohl in den Bildern als auch in der emotionalen Entwicklung seiner Hauptfigur.

Jürgen Reuter liefert in der Rolle des Georg Weerth eine zurückhaltende, aber vielschichtige Darstellung. Sein Spiel fängt das innere Ringen des ehemaligen Schriftstellers überzeugend ein: zwischen Hoffnung und Resignation, zwischen Empörung und Ohnmacht. Weerths Idealismus wird nicht verklärt, sondern in seiner Fragilität gezeigt – ein Mensch, der seine Stimme verloren hat und doch nicht aufhören kann, gegen Ungerechtigkeit aufzubegehren. Rolf Hoppe als Gegenpart verkörpert mit gewohnter Präsenz eine Figur aus der kolonialen Realität Kubas und bringt die soziale Gegensätzlichkeit auf den Punkt.

Was den Film besonders macht, ist sein kulturpolitischer Anspruch: Statt sich auf bloße Biografiedramaturgie zu beschränken, nutzt Die letzten Tage des Georg W. die Figur Weerths als Spiegel für größere Fragen nach revolutionärem Scheitern, Verantwortung und dem Verhältnis von Kunst und Politik. Die DDR-Produktion verzichtet dabei auf übermäßige Ideologisierung, sondern eröffnet – vielleicht gerade durch die Beteiligung des kubanischen Fernsehens – einen multiperspektivischen Zugang zu Weerths finalem Lebensabschnitt.

Stilistisch wirkt der Film in Teilen getragen vom Theaterhaften vieler DDR-Produktionen jener Zeit – ruhige Kameraeinstellungen, dialogzentrierte Szenen, symbolische Bildsprache. Doch gerade darin liegt auch seine Stärke: Statt effekthaschender Dramatisierung konzentriert sich der Film auf innere Prozesse, auf Gedanken, Zweifel und Haltungen. Die langsame Erzählweise lädt zur Reflexion ein – über Geschichte, über Engagement und über die Macht (oder Ohnmacht) des Wortes.

Fazit:

Die letzten Tage des Georg W. ist ein ruhiger, nachdenklicher Film von historischer wie aktueller Relevanz. Er beleuchtet nicht nur die wenig bekannten letzten Jahre Georg Weerths, sondern stellt auch grundsätzliche Fragen nach der Rolle von Intellektuellen in revolutionären Zeiten. Eine sehenswerte Wiederentdeckung aus dem DDR-Fernseharchiv – klug inszeniert, stark gespielt und eindrucksvoll im Zusammenspiel deutscher und kubanischer Produktionsästhetik. Eine lohnende Veröffentlichung für alle, die sich für Literaturgeschichte, politische Biografien und filmisches Kulturerbe interessieren.