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Puppet Master 2

Die Fortsetzung von „Puppet Master“ aus dem Jahr 1990 schlägt sofort einen deutlich dunkleren Ton an, als man es vom Vorgänger gewohnt ist; kaum hat man André Toulons Koffer gesehen, da verlagert sich das Grauen in die engen, nebligen Gänge des Bodega Bay Inn, wo sich das Schauspielensemble – angeführt von Jenny Boswell als resolute Parapsychologin –, Chad Patterson als ihr skeptischer Kollege, Emily Sue Bengtson und Eva Butcher als die beiden etwas naiveren Mitreisenden – einquartiert. Während die menschlichen Figuren zu Beginn noch zögerlich und von wissenschaftlicher Neugier getrieben agieren, wächst das körperliche Entsetzen stellvertretend für uns Zuschauer mit jedem knirschenden Gelenk, das wir aus der Nähe betrachten. Allen voran die ikonische Tunneler-Puppe, die mit ihren rotierenden Bohrköpfen metergroße Löcher in Schädel frässt, oder Miss Leech, deren klebrige Zunge mit unheimlicher Grazie jede Hemmung ablegt – David Allen hat das Stop-Motion-Design im Vergleich zum ersten Teil noch einmal punktgenau verfeinert. Die präzise ausgeführten Bewegungsabläufe, bei denen jeder kleine Gelenkknacks hörbar wird, steigern das Gefühl echter Bedrohung auch jenseits der üblichen Slash-Formeln; man spürt förmlich, wie jedes Rädchen im Inneren der Puppen sich in Endlosschleife dreht, um den nächsten Angriff vorzubereiten.

Schon die erste Sequenz, in der man André Toulon in Rückblenden als geheimnisvollen Tüftler kenntlernt, legt die düstere Mythologie frei: Hier geht es nicht mehr nur um mordende Handpuppen, sondern um die Suche nach der Lebensessenz, die ausschließlich im menschlichen Gehirn zu finden ist. Diese Idee – Puppen, die unsere Gedanken und Erinnerungen ausschlürfen – verleiht „Puppet Master 2“ eine subtile, fast schon metaphysische Tiefe, die in B‑Movie‑Kreisen selten zu finden ist. Die betont langsamen Kamerafahrten durch das verfallene Hotel, das knarzende Parkett und das ständige Flüstern aus den dunklen Ecken lassen einen unweigerlich die klaustrophobische Atmosphäre spüren, während die Figuren in ihren Gesprächen meist pragmatisch bleiben und damit einen starken Kontrast zur überdrehten Gewaltdarstellung bilden. Der Score ist sparsam eingesetzt, zeitweise gar gänzlich abwesend, was jede Szene mit einem Vakuum versieht, das von einem plötzlichen Metallknirschen oder einem in der Ferne scheppernden Eimer zerrissen wird.

Die menschlichen Darsteller erfüllen ihre Rollen mit überzeugender Authentizität: Jenny Boswell schafft es, die Mischung aus Faszination und blankem Entsetzen glaubwürdig zu transportieren; Chad Patterson wirkt in seiner Skepsis nie aufgesetzt zynisch, sondern nachvollziehbar verunsichert. Emily Sue Bengtson und Eva Butcher bilden das emotionale Gegengewicht, indem sie durch ihr Staunen und Entdecken den Zuschauer unbeabsichtigt anstecken – man fühlt sich wie ein weiterer unerfahrener Proband in Toulons diabolischem Versuchslabor. Dieses Spiel zwischen Zuschaueridentifikation und der bewusst ironisch gebrochenen B‑Movie‑Öffnung macht den Reiz von „Puppet Master 2“ aus: Es nimmt sich selbst nicht zu ernst, bleibt dabei aber stets unangenehm nahe am Geschehen.

Das Mediabook von Wicked Vision Media würdigt diesen Genreklassiker in jeder Hinsicht. Das 32‑seitige Booklet von Christoph N. Kellerbach liest sich wie eine kleine Enzyklopädie zur Geschichte des Stop-Motion-Horrors: Beginnend mit den Wurzeln in den frühen Trickfilmen, über die Arbeiten Willis O’Brien („King Kong“) bis zu David Allen, der hier sein Meisterstück abliefert, spannt das Essay einen weiten Bogen. Dabei erzählt Kellerbach nicht nur trockene Fakten, sondern brilliert mit Hintergrundgeschichten aus dem Studioalltag, Budgetknappheiten und Anekdoten um die mühevolle Handfertigkeit hinter jeder einzelnen Puppenbewegung. Besonders aufschlussreich ist das Interview mit einem der verbliebenen Figurenmacher, der erklärt, wie die kleinen Lederhandschuhe von Toulon unter Zeitdruck literweise Kunstblut aushalten mussten, ohne an Elastizität zu verlieren.

Auf der ersten Disc sorgt der Blu‑ray-Remaster in 1080p für ein visuelles Erwachen: Endlich zeigt sich die raue Farbpalette des Films knalliger und schärfer, Nebelschwaden wirken plastischer, und in dunklen Sequenzen erkennt man mehr Einzelheiten, etwa die fein ziselierten Ornamente an Toulons Schreibtisch. Der Ton liegt wahlweise in Deutsch oder Englisch vor, jeweils in DTS‑HD Master Audio: Die metallischen Geräusche der Puppen wirken räumlich, das Flüstern in den Gängen kriecht förmlich aus den Surround‑Lautsprechern. Das Menü ist schlicht gehalten, dafür mit stimmungsvollen Standbildern aus dem Film hinterlegt, und die Disc selbst sitzt sicher in einem matten Schuber, dessen Wendecover die Puppenporträts in unterschiedlichen Lichtstimmungen zeigt.

Neben dem Hauptfilm wartet ein wahres Bonus-Feuerwerk: Der Audiokommentar mit Produzent Charles Band offenbart Insider-Infos zu den Drehorten, zu Budgetknappheit und improvisierten Spezialeffekten. Band plaudert aus dem Nähkästchen, wenn er von der fliegenden Styroporschicht auf der Bühne erzählt, die im Nachhinein mit zerriebenen Fischgräten bestäubt wurde, um Schnee zu simulieren. Sein Vorwort, exklusiv für das Mediabook neu aufgenommen, schildert seine Vision, wie Toulon nach dem ersten Film zurückkehren sollte und warum er eine stärker psychologische Komponente in „Puppet Master 2“ einbauen wollte. Die Original Videozone ist eine Sammlung alter VHS‑Clips, die Eichhörnchenheartamusik‑weise zwischen Szenenschnipseln und Werbeblocks wechselt und den B‑Movie‑Charme perfekt einfängt. Die „Killer Puppet Master“-Montage stellt in wahnwitzig schneller Abfolge alle ermordeten Opfer der Puppen dar – fast schon ein kleines Kunstwerk im schnellen Schnitt, das die rohe Gewalt des Films konzentriert präsentiert.

Ein besonderes Highlight sind die Behind‑the‑Scenes-Dokus: Die erste, mit knapp 83 Minuten Laufzeit, zeigt den Alltag am Set, Drehbuchbesprechungen und das Zusammenbauen der Marionetten, während die zweite mit satten 210 Minuten noch tiefer in die technischen Details geht. Hier sieht man, wie Effektspezialist David Allen Tage damit verbringt, eine achtsekündige Kampfszene Fotogramm für Fotogramm aufzunehmen, wie Haare einzeln auf Puppenschädeln appliziert und wie das Team sich scherzhaft über den widerspenstigen Mechanismus des Miss‑Leech-Körpers kappt. Diese immensen Stunden an Rohmaterial sind eine Schule für Puppen- und Stop-Motion-Enthusiasten und rechtfertigen allein schon den Kauf des Sets.

Die zweite Disc würdigt das jüngst produzierte Spin-off „Puppet Master: Doctor Death“, das hier erstmals in einer restaurierten Fassung enthalten ist. Der Kurzfilm verlagert das Grauen in ein heruntergekommenes Pflegeheim, wo der eiskalt kalkulierende „Doctor Death“ – mit Hemd und Mikroskalpell – zum ersten Mal aus seinem Koffer kriecht. Innerhalb weniger Minuten entfaltet sich ein gnadenloser Horrorsog: Seniorenzimmer werden zu Schlachtfeldern, Rollstühle schrammen tuckernd durch dunkle Korridore, während der winzige Psychochirurg eine Blutspur zieht, die an Tarantinos Überzeichnungen erinnert. Die Videozone „Retro Puppet Master“ verortet diesen Spin-off in der Genrehistorie, und der Originaltrailer zeigt die atemberaubend knappe Trailer-Cut-Kompetenz, mit der vor allem ausgewiesene Horrorkurzfilme ihre Spannung in 30 Sekunden generieren.

Zusammen mit den Vintage‑Actionfiguren-Werbespots, den deutschen und originalen Trailern, entsteht im Mediabook ein zusammenhängendes Universum. Wer sich nicht nur für „Puppet Master 2“, sondern für die ganze Ästhetik des klassisch-handgemachten Monsterhorrors interessiert, erhält hier einen Rundum‑Blick: von der Geschichte über die Technik bis zur Merchandise-Vermarktung der frühen 1990er-Jahre. Es ist eine liebevolle Hommage an Filmemacher, Modellbauer und Horrorfans gleichermaßen, die weit über eine gewöhnliche Neuauflage hinausgeht und das Franchise in seiner Gesamtheit würdigt. Dieses Paket ist daher nicht nur ein Sammlerstück, sondern ein kleines filmhistorisches Archiv, das die DNA des Stop‑Motion‑Horrors auf Zelluloid – und nun auf modernster Blu‑ray – konserviert. Für jeden, der Puppen zum Fürchten und cineastische Handarbeit bewundert, ist dieses Mediabook ein unverzichtbarer Schatz.