Perdita Durango (1997) – Sex, Santería und subversive Gewaltfantasien in 4K
Ein ungezähmter Film zwischen Kult und Chaos – und eine Edition, die endlich gerecht wird
🩸 I. Einführung: Ein Film, der wehtut – und das mit Absicht
Als Perdita Durango 1997 auf Festivals und in wenigen Kinos lief, war der Tenor einhellig: zu brutal, zu sexuell, zu grenzüberschreitend – kurz: zu viel. Der Film, in den USA zensiert, in Europa kaum beachtet und lange Zeit nur in schlechter Bildqualität verfügbar, war vielen zu unbequem. Dabei ist er – gerade heute – aktueller denn je. In einer Zeit, in der das Kino oft glattgebügelt daherkommt, wirkt Álex de la Iglesias fieberhafte, grotesk-humorige Reise in die Unterwelt des amerikanischen Traums wie ein Faustschlag ins Gesicht der Konformität.
Jetzt, fast 30 Jahre später, hebt Wicked Vision Media diesen Film aus der Versenkung – mit einer luxuriösen 4K-Restaurierung im limitierten Mediabook, die diesem cineastischen Monster endlich gerecht wird.
🎥 II. Der Film: Zwischen Wahnsinn und Realität – eine Grenzüberschreitung in jeder Hinsicht
Eine Geschichte über die dunkle Seite des amerikanischen Mythos
Basierend auf dem gleichnamigen Roman von Barry Gifford (der auch Wild at Heart schrieb, von David Lynch verfilmt), erzählt Perdita Durango die Geschichte einer Frau, die nichts mehr zu verlieren hat. Perdita, gespielt mit furchtloser Körperlichkeit und Aggression von Rosie Perez, trifft auf den charismatischen wie brandgefährlichen Romeo Dolorosa (Javier Bardem, hier mit Vokuhila, Goldzähnen und animalischer Energie). Zusammen begeben sie sich auf eine Reise voller Gewalt, Lust, Wahnsinn und religiösem Wahn – von der mexikanischen Grenze bis nach Las Vegas.
Der rote Faden: ein Auftrag der Mafia, eingefrorene Embryos zu transportieren. Doch der Film nutzt diese Prämisse nur als Ausgangspunkt. Dazwischen: Entführungen, Voodoo-Rituale, Schüsse, Drogen, Sex, Polizei, Verfolgungsjagden – und ein subversiver Kommentar über Macht, Kolonialismus und kulturelle Aneignung.
👥 III. Die Figuren: Archetypen mit Abgrund
Perdita Durango
Rosie Perez bricht hier radikal mit ihrer bisherigen Leinwandpersona. Perdita ist keine klassische Heldin, aber auch kein bloßes Opfer oder Sidekick. Sie ist verletzlich und gewalttätig, nihilistisch und überlebenswillig. In ihrer Verbindung mit Romeo wird sie zur Hexe, zur Rachegöttin – ein Symbol für aufgestaute weibliche Wut in einer patriarchalen, kolonialisierten Welt.
Romeo Dolorosa
Javier Bardem spielt hier eine seiner furchteinflößendsten Rollen: Ein Voodoo-Priester, der glaubt, mit Göttern zu sprechen – und Menschenleben als Opfer darbringt. Seine Mischung aus Machismo, Mystik und Fanatismus wirkt gleichzeitig grotesk und erschreckend echt. In seinen Händen verschwimmen Spiritualität und Sadismus.
Das Teenie-Paar (Harley Cross und Aimee Graham)
Die Entführten fungieren als Spiegel: weiße, privilegierte Unschuld, die brutal ihrer Komfortzone beraubt wird. Der Film gibt ihnen nicht viel Schutz – aber auch nicht nur Mitleid. Sie stehen exemplarisch für eine Generation, die meint, alles verstanden zu haben – und im Angesicht echter Gewalt nur Ohnmacht kennt.
Nebenfiguren
Ein Genuss ist die Besetzung der Nebenrollen: James Gandolfini als moralisch zerrissener Cop, Screamin’ Jay Hawkins als grenzdebiler Schamane, Demián Bichir in einer frühen Nebenrolle – sie alle tragen zur albtraumhaften Atmosphäre bei, die Iglesia heraufbeschwört.
✝️ IV. Themen und Motive: Kolonialismus, Magie, Identität
Perdita Durango ist nicht bloß eine Grenzgeschichte im geographischen Sinn – es geht um kulturelle, moralische, spirituelle Grenzen. Der Film spielt mit afrokaribischen Religionen wie Santería und Palo Mayombe, nutzt die Rituale aber nicht respektlos, sondern als Spiegel westlicher Angst vor dem „Anderen“. Gleichzeitig kritisiert er die banale Gewaltkultur des Westens: Waffen, Kapitalismus, Religion – alles wird im selben nihilistischen Atemzug hinterfragt.
Auch der Mythos des "American Dream" wird seziert: Wer ihn lebt, wer ihn bezahlt, wer daran zerbricht. Iglesia macht daraus eine fiebrige Reise in die tiefsten Abgründe menschlicher Gier und Spiritualität.
🛠️ V. Die 4K-Veröffentlichung von Wicked Vision Media: Ein Meisterstück der Filmrestaurierung
Nach Jahrzehnten in fragwürdiger Bildqualität bekommt Perdita Durango nun endlich die Würde, die er verdient – und das in einer aufwendigen 4K UHD-Edition mit Blu-ray und Soundtrack-CD.
Technische Umsetzung (Disc 1 – 4K UHD)
Bonusmaterial (Disc 2 – Blu-ray)
Hier punktet Wicked Vision mit echtem cineastischem Tiefgang:
📚 VI. Das Booklet und das Mediabook-Design: Liebe zum Detail
🧨 VII. Fazit: Ein Film wie ein schwarzes Ritual – und ein Mediabook, das wie ein Altar wirkt