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Poison Ivy: Der Orden des grünen Ritters

Mit Poison Ivy: Der Orden des grünen Ritters setzt DC Comics seine Reihe von Charakterstudien über ikonische (Anti-)Heldinnen eindrucksvoll fort. Autorin G. Willow Wilson (Ms. Marvel, Invisible Kingdom) widmet sich hier der ehemals oft unterschätzten Figur Pamela Isley, besser bekannt als Poison Ivy, und verleiht ihr neue erzählerische und emotionale Tiefe. Was sich zunächst wie ein ökologisch motivierter Rachefeldzug liest, entfaltet sich schnell zu einem komplexen und visuell faszinierenden Werk über Schuld, Selbstbestimmung und das fragile Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur.

Die Erde stirbt – und Ivy ist wütend

Poison Ivy befindet sich in einer radikalen Phase ihres Daseins: Enttäuscht vom Zustand der Welt und vom menschlichen Versagen, sieht sie keinen anderen Weg, als zu handeln – endgültig und tödlich. Mit einem biologischen Pilztoxin im Gepäck begibt sie sich auf einen Roadtrip quer durch die USA, um die Ausbeuter und Umweltzerstörer der Welt systematisch auszuschalten. Doch je weiter sie reist, desto mehr wird klar: Der Weg zur Erlösung ist nicht so geradlinig, wie sie glaubt.

Was wie ein klassischer Öko-Thriller beginnt, wandelt sich schnell zu einem emotionalen, introspektiven Selbstfindungstrip. Ivy kämpft nicht nur gegen die Menschheit – sie kämpft auch mit sich selbst, ihrer Vergangenheit, ihrer Beziehung zu Harley Quinn und ihrer zunehmend brüchigen körperlichen und seelischen Verfassung.

G. Willow Wilsons starke Handschrift

Wilson gelingt das Kunststück, eine Figur, die oft als verführerische Femme Fatale am Rand der Batman-Welt agierte, in den Mittelpunkt einer vielschichtigen Erzählung zu stellen. Ivy wird nicht romantisiert – sie ist wütend, tödlich und manchmal auch irrational. Doch Wilson macht deutlich, dass ihre Radikalität aus Schmerz geboren ist. Die Autorin stellt zentrale Fragen: Was ist gerechtfertigter Widerstand? Was bleibt von Empathie, wenn alles um einen herum zerstört wird? Und kann Liebe heilen, was Welt und Selbstbild gleichermaßen zerfressen?

Besonders hervorzuheben ist die Darstellung der Beziehung zu Harley Quinn. Sie wird nicht plakativ in Szene gesetzt, sondern als tragendes, emotional verankertes Element. Diese Verbindung – zugleich Vergangenheit, Sehnsucht und Hoffnung – gibt der Geschichte ein tiefes, menschliches Fundament.

Visuelle Pracht mit düsterem Einschlag

Die Zeichnungen von Marcio Takara (u. a. Detective Comics) sind atmosphärisch, lebendig und zugleich verstörend schön. Pflanzen wuchern, Pilzsporen schweben, die Grenzen zwischen Leben und Tod verschwimmen in Bildern, die mal romantisch, mal unheimlich, mal bizarr wirken. Unterstützt durch die warme, erdige Farbpalette von Arif Prianto entsteht eine visuelle Sprache, die Ivy perfekt spiegelt: verführerisch und tödlich zugleich, naturverbunden und unberechenbar.

Die Darstellung von Ivys Kräften und ihres Körpers – der sich durch das Pilztoxin zunehmend verändert – ist sowohl grafisch als auch symbolisch ein starkes Motiv für körperliche Dysphorie, Krankheit und Selbstzerstörung. Ihre Metamorphose steht sinnbildlich für den Preis ihres Feldzugs.

Fazit: Ein poetisch-düsterer Abgesang mit Hoffnung

Poison Ivy: Der Orden des grünen Ritters ist weit mehr als ein weiterer Superheldinnen-Comic. Es ist eine intime Charakterstudie über eine Frau, die sich selbst neu erfinden muss, während sie das Ende der Welt in Kauf nimmt. Dank G. Willow Wilsons sensibler, intelligenter Erzählweise und einer eindrucksvollen visuellen Umsetzung entwickelt sich dieser Band zu einem der stärksten modernen DC-Titel der letzten Jahre.

Für Fans von anspruchsvollen, emotional dichten Comics, die Themen wie Ökologie, Identität und Liebe nicht nur anreißen, sondern tiefgehend verhandeln, ist dieser Band ein Muss.