The Precinct versetzt euch als frischgebackener Streifenpolizist Nick Cordell Jr. mitten hinein in das pulsierende Chaos einer amerikanischen Großstadt der 1980er Jahre. Zwischen wuchernder Bandenkriminalität, verfallenen Vierteln und einer tief verankerten Korruption gilt es, das fragile Gleichgewicht zwischen Ordnung und Anarchie Tag für Tag aufs Neue zu sichern. Die PlayStation-5-Version liefert mit beeindruckender Schauplatzgröße, dynamischen Einsätzen und einer mitreißenden Atmosphäre eine der bislang spannendsten Police-Sandbox-Erfahrungen auf Konsole.
Story & Atmosphäre
Als Rookie Nick Cordell Jr. startet ihr eure Karriere im Precinct 12, einem Bezirk, den Banden und skrupellose Strippenzieher längst zu kontrollieren glauben. Die narrative Rahmenhandlung führt euch durch eine Reihe von beunruhigenden Fällen: vom scheinbar harmlosen Gangster-Überraschungsbesuch im Kiosk bis hin zu großangelegten Drogenrouten, die von korrupten Politikern gedeckt werden. Zwischen regulären Streifenfahrten und Hinterzimmerdeals webt The Precinct geschickt immer tiefere Verschwörungsebenen ein, die euch letztlich vor die Wahl stellen, wie weit ihr bereit seid zu gehen, um das System zu säubern – oder ob ihr euch in seinen Schatten verstricken lasst.
Die detailverliebte Inszenierung der 1980er-Szenerie ist bemerkenswert: Neonlichter, schrille Modetrends, verblasste Hausfassaden und die dröhnenden Synthie-Klänge einer Ära, die zwischen Aufbruch und Verzweiflung schwankte, lassen das Setting lebendig werden und unterstreichen den rauen Tonfall des Spiels.
Grafik & Präsentation
Auf der PS5 erstrahlt die Stadt in gestochen scharfem 4K mit flüssigen 60 Frames pro Sekunde. Rain-Shader und dynamische Schatten verleihen Regenwolken und Nachtbeleuchtung ein eindrucksvolles Spiel aus Licht und Reflexion. Die Straßen sind belebt: Passanten hasten zu Terminen, Straßenhändler bieten ihre Waren an, abgestellte Fahrzeuge blinken im Scheinwerferlicht eures Streifenwagens.
Die Charaktermodelle wirken allerdings trotz stimmiger Outfits und Frisuren manchmal etwas steif in ihrer Mimik, und Kameraschnitte in Dialogsequenzen sind mitunter etwas sprunghaft. Diese kleinen Schwächen trüben das Gesamtbild aber kaum, da Umgebungsdetails und Wettereffekte stets für überzeugende Immersion sorgen.
Sound & Musik
Der Soundtrack greift typische 80er-Synth-Arrangements auf und mischt sie mit düsteren, treibenden Beats, je nachdem, ob ihr durch verregnete Seitenstraßen patrouilliert oder in eine Hochgeschwindigkeitsverfolgung startet. Polizeisirenen, quietschende Reifen und Radio-Durchsagen vermitteln ein authentisches Einsatzgefühl.
Auffällig positiv ist die deutsche Synchronisation gelungen: Nick Cordell Jr. klingt kernig und glaubwürdig, während seine Vorgesetzte Lieutenant Ramos zwischen strenger Autorität und empathischer Mentorin pendelt. Leider sind einige Nebencharaktere nicht so stark besetzt, wodurch kleine Abstriche bei den Dialogen entstehen.
Gameplay & Steuerung
The Precinct kombiniert klassischen Sandbox-Charakter mit klar strukturierten Missionen:
Patrouille: Freies Erkunden per Fuß, Streifenwagen oder Polizeihubschrauber.
Einsätze: Reagiert in Echtzeit auf Bürger-Notrufe via Funk: von Parkverstößen über Ruhestörungen bis zu bewaffneten Banküberfällen.
Fahrzeugverfolgungen: Intensive Chases durch enge Gassen und zerstörbare Barrikaden, bei denen das Trax-System des DualSense-Controllers die Straßentextur spürbar macht.
Backup-System: Ruft bei Bedarf Verstärkung an und koordiniert eure Einheiten per Detailkarte in der Einsatzzentrale.
Die Steuerung ist intuitiv: Sprinten, Ziehen der Dienstwaffe oder Zücken des Taser gelingt per Schultertasten, während ihr per Knopfdruck in eure Weste greift und Handschellen anlegt. Ein tiefergehendes Interaktionsmenü ermöglicht es, Zeugen zu befragen oder Tatwerkzeuge zu sichern, ohne dass die Action gestört wirkt.
Simulationstiefe & Features
The Precinct punktet mit einer beeindruckenden Fülle an Systemen:
Tag-Nacht-Zyklus & Wetter: Verändert Kriminalitätsmuster – nachts häufen sich Rauschgifthandel und Gangaktivitäten, bei Regen verlangsamen Unfälle den Verkehr spürbar.
Stammdaten-Archiv: Erstellt Steckbriefe und verknüpft Tatwaffen und Indizien zu Fallakten.
Korruptionsmechanik: Trefft Entscheidungen, die eure Reputation beeinflussen – wer zu oft unfaire Deals macht, zieht die Aufmerksamkeit interner Affairs-Unit auf sich.
Helikoptersicht: Schaltet bei Großlagen in den Luftbildmodus und steuert den Hubschrauber direkt via DualSense-Gyrosensor.
Dynamische Kriminalitätsverteilung: Kriminalitäts-Hotspots entstehen und verlagern sich je nach eurem Eingreifen oder Unterlassen.
Diese Systeme erzeugen eine dichte, teils unvorhersehbare Spielwelt, in der jede Entscheidung Konsequenzen hat.
Umfang & Wiederspielwert
Die Hauptkampagne umfasst rund 20 aufwendig inszenierte Missionen und benötigt etwa 25–30 Stunden Spielzeit. Zahlreiche Nebenaufgaben, Sammelobjekte (z. B. Beweismaterial, Zeitungsartikel) und ein Freischaltmodus für alternative Ausrüstungen halten motiviert. Zusätzlich ermöglicht ein „Endlosschicht“-Modus das anarchische Chaos ohne Storyzwang, und ein New-Game-Plus schaltet neue Verhöroptionen frei.
Die Mischung aus storygetriebenen Höhepunkten und spontanen Einsätzen sorgt dafür, dass ihr immer wieder neue Facetten der Stadt entdeckt. Lediglich wer wenig Lust auf Planung und viel auf reinen Action-Jam hat, könnte sich von der Simulationstiefe abgeschreckt fühlen.
Technik & Performance
Auf der PS5 läuft The Precinct stabil mit 60 fps im Performance-Mode, während der Quality-Mode satte 4K-Auflösung bei 30 fps liefert. Ladebildschirme zwischen Einsätzen sind dank SSD-Geschwindigkeit sehr kurz. Vereinzelt berichten Spieler von KI-Hängern an Straßensperren, die jedoch meist durch Neustart der Mission behoben werden können.
Fazit
The Precinct ist eine beeindruckende Polizeisimulation, die Sandbox-Freiheit mit packender Erzählung und erstaunlicher technischer Brillanz verbindet. Die dichte 1980er-Atmosphäre, die Vielzahl an dynamischen Systeme und die authentischen Einsätze sorgen für ein unvergessliches Abenteuer. Kleine Ungereimtheiten bei Gesichtsausdrücken und gelegentliche KI-Hänger trüben das großartige Gesamtbild kaum.