Mafia: The Old Country auf der PS5 ist eine Rückkehr zu den Wurzeln des Franchise, wie man sie sich als Fan nur wünschen kann. Schon nach wenigen Minuten wird klar, dass Hangar 13 hier nicht versucht, das Rad neu zu erfinden, sondern vielmehr ein cineastisches Erlebnis zu schaffen, das sich wie ein klassischer Mafia-Film anfühlt – nur eben interaktiv. Die Geschichte um Enzo Favara, einen jungen Mann, der sich im Sizilien der Nachkriegszeit seinen Platz in der Unterwelt erkämpfen will, wird in dichten, atmosphärischen Bildern erzählt. Dabei überzeugt vor allem die schauspielerische Leistung der deutschen wie auch der englischen Sprecher, die den Figuren eine greifbare Tiefe verleihen. Die Inszenierung lebt von langen, ruhigen Kamerafahrten, pointierten Dialogen und dem Mut, nicht alles in endlosen Explosionen aufzulösen, sondern Spannung aus Blicken, Schweigen und Andeutungen zu ziehen.
Spielerisch zeigt sich Mafia: The Old Country linear und fokussiert, was im heutigen Open-World-Überfluss fast erfrischend wirkt. Die Missionen sind abwechslungsreich inszeniert – mal schleichen wir durch schmale Gassen und nutzen Enzos „Instinkte“, um Gegnerbewegungen vorherzusehen, mal geraten wir in hitzige Feuergefechte, bei denen das Ressourcenmanagement essenziell ist. Munition ist knapp, jede Kugel zählt, und wer unvorsichtig vorgeht, spürt schnell die Konsequenzen. Die verschiedenen Messer, die Enzo im Verlauf der Geschichte sammelt, geben den Kämpfen eine persönliche Note und laden dazu ein, den eigenen Spielstil zu verfeinern. Besonders gelungen ist die Möglichkeit, Outfits frei zu wählen, was zwar rein kosmetisch wirkt, aber subtil zur Identifikation mit der Figur beiträgt.
Technisch liefert die PS5-Version eine stabile, saubere Präsentation. Die detailreiche Nachbildung sizilianischer Städte, Felder und Küstenabschnitte schafft eine Kulisse, die gleichzeitig historisch geerdet und filmisch überhöht wirkt. Das Licht- und Schattenspiel in den engen Gassen oder bei nächtlichen Regenszenen erzeugt eine fast greifbare Atmosphäre. Dazu kommt ein Sounddesign, das jedes Knarzen einer Tür, jede dumpfe Schussentladung und jede Melodie des Soundtracks sorgfältig platziert. Besonders die Musik ist eine Wucht – mal dezent im Hintergrund, mal dramatisch treibend, immer passend zum Geschehen.
Die größte Stärke des Spiels liegt jedoch in seiner Erzählweise. Die Charaktere sind keine bloßen Abziehbilder von Gangsterklischees, sondern komplex, mit nachvollziehbaren Motivationen und Schwächen. Auch wenn man als Spieler nur Enzo steuert, entsteht das Gefühl, Teil eines größeren Geflechts aus Loyalität, Verrat und Machtspielen zu sein. Hangar 13 vermeidet es, den Spieler mit zu vielen Nebenaufgaben vom Kern der Handlung abzulenken – die Story ist der Star, und das merkt man in jedem Kapitel.
Nach dem Prolog steht ein Erkundungsmodus zur Verfügung, der es erlaubt, die Spielwelt ohne Zeitdruck zu durchstreifen und Geheimnisse aufzuspüren. Für Sammler und Entdecker ist das eine willkommene Ergänzung, doch das Herzstück bleibt die dichte, stringente Hauptkampagne. Dabei sollte man sich bewusst sein, dass Mafia: The Old Country nicht versucht, jedermanns Spiel zu sein – wer endlose Sandbox-Freiheiten erwartet, wird hier weniger glücklich werden. Wer jedoch eine mitreißende, präzise inszenierte Geschichte erleben will, wird reich belohnt.
Unterm Strich ist Mafia: The Old Country ein mutiges Statement in einer Zeit, in der viele Studios auf Sicherheit setzen. Hangar 13 zeigt, dass lineare, storygetriebene Spiele auf der großen Bühne noch immer glänzen können. Für Fans der Reihe ist es ein Fest, für Neueinsteiger eine Einladung in eine Welt, die trotz ihrer Brutalität und moralischen Grauzonen faszinierend schön ist. Es ist nicht nur ein Spiel, sondern ein Erlebnis – wie ein guter Mafia-Film, den man nicht nur schaut, sondern lebt.