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Kapusta

Mit Kapusta legt die in Sibirien geborene und heute in London lebende Kochbuchautorin, Food-Historikerin und Köchin Alissa Timoshkina ein Werk vor, das weit über eine reine Rezeptsammlung hinausgeht. Es ist eine kulinarische Liebeserklärung an die Vielfalt, Wärme und Tiefe der osteuropäischen Küche – und zugleich eine Einladung, ihre traditionellen Techniken und Geschichten neu zu entdecken. Schon der Titel, das polnische und russische Wort für „Kohl“, deutet an: Hier stehen nicht Exotik oder Luxus im Vordergrund, sondern die bodenständige, saisonale und zugleich erstaunlich raffinierte Gemüseküche einer Region, die kulinarisch oft unterschätzt wird.

Timoshkina gliedert das Buch um fünf zentrale Zutaten – Kohl, Rote Bete, Kartoffeln, Karotten und Pilze – und stellt damit die Lebensmittel in den Mittelpunkt, die in den Küchen Osteuropas seit Jahrhunderten das Rückgrat des Speiseplans bilden. Der Ansatz ist zugleich traditionsbewusst und zeitgemäß: Die Rezepte sind so aufgebaut, dass sie sowohl die klassischen Geschmacksprofile bewahren als auch modernen Ansprüchen an Einfachheit, Erschwinglichkeit und Nachhaltigkeit gerecht werden. Viele Gerichte lassen sich in kurzer Zeit umsetzen, andere sind kleine Projekte, die Geduld erfordern, wie das Fermentieren oder Einmachen, das hier mit einer Ruhe und Präzision erklärt wird, die selbst Einsteiger ermutigt.

Kulinarisch spannt Kapusta einen weiten Bogen. Neben Klassikern wie Rindfleisch-Borschtsch, Pierogi oder Kartoffel-Babka finden sich auch weniger bekannte regionale Spezialitäten aus Polen, Tschechien, der Ukraine, Russland und weiteren Teilen Osteuropas. Hierzu gehören aromatische Pilzsuppen, pikante Karottensalate, deftige Kohlaufläufe und fantasievolle Varianten traditioneller Knödel. Vegetarische und vegane Optionen sind zahlreich vertreten, ohne dass die Rezepte an Substanz oder Geschmack einbüßen. Fleischgerichte wiederum sind so eingebettet, dass sie die Gemüseküche ergänzen, nicht dominieren.

Einen besonderen Reiz machen die Hintergrundtexte aus. Timoshkina versteht es, kulinarische Geschichte lebendig zu erzählen. Sie erklärt, wie Fermentation in kalten Klimazonen zur Überlebensstrategie wurde, wie Kartoffeln die Essgewohnheiten ganzer Regionen veränderten und warum Rote Bete nicht nur als Zutat, sondern auch als kulturelles Symbol betrachtet werden kann. Diese Passagen verleihen dem Buch eine Tiefe, die es von rein rezeptorientierten Kochbüchern abhebt – Kapusta ist ebenso Lektüre wie Anleitung.

Optisch ist das Werk ein Genuss: Der DK-typische, klare und moderne Buchsatz verbindet sich mit stimmungsvollen Food-Fotografien, die nicht nur die Gerichte selbst, sondern auch ihre Zutaten in Szene setzen. Viele Bilder wirken wie eine Reise durch Küchen, Märkte und Gärten Osteuropas – lebendig, farbenfroh und einladend.

Das Buch punktet außerdem mit einer didaktisch durchdachten Struktur. Einsteiger finden detaillierte Anleitungen, etwa zum richtigen Falten von Teigtaschen oder zur Herstellung von Sauerkraut, während erfahrene Köche Inspiration für kreative Neuinterpretationen klassischer Rezepte erhalten. Kleine Tipps zu Lagerung, Resteverwertung und saisonaler Anpassung unterstreichen den nachhaltigen Ansatz.

Am Ende ist Kapusta nicht nur eine Sammlung köstlicher Rezepte, sondern eine Brücke zwischen Tradition und Gegenwart. Es ist ein Werk, das Lust macht, die eigene Küche mit osteuropäischer Wärme und Vielfalt zu bereichern, und das zeigt, wie sehr sich kulinarische Wurzeln und moderne Lebensweise verbinden lassen. Wer bisher dachte, osteuropäische Küche sei schwer und eintönig, wird hier eines Besseren belehrt – sie kann leicht, frisch, bunt und überraschend modern sein.

Fazit: 

Kapusta ist ein prachtvolles, zugleich alltagstaugliches Kochbuch, das Geschmack, Geschichte und kulturelle Bedeutung der osteuropäischen Küche feiert. Eine klare Empfehlung für alle, die sich für authentische, saisonale Küche begeistern, gerne Neues lernen und beim Kochen auch Geschichten genießen wollen.